13.10.2020 / Erfahrungsberichte

Praktikumsbericht - Mi Perú

Narua berichtet von ihrem achtwöchigen Praktikum in der Pferdetherapie in Lima. Dabei erzählt sie von der Therapie von Kindern mit Autismus oder körperlichen Beeinträchtigungen, von der Unterstützung des Teams und der Sensibilität der Pferde.

Nauras Zeit in Peru

Zwei Monate Pferdetherapie in einem unbekannten Land

Ich nehme mir das Recht, schon zu Beginn über das Ende zu sprechen. Was ich in diesen zwei Monaten erleben durfte, war überhaupt nicht, was ich erwartet hatte. Nachdem ich zuerst eine eher schlechte Erfahrung an einem Ort machte, kann ich meiner Chefin und mittlerweile Teil meiner peruanischen Familie, den grössten Dank aussprechen, für ihre einfühlsame, natürliche und spontane Art. Sie hat mir in Kürze einen neuen Arbeitsplatz geboten, an welchem ich eine unvergessliche, schöne und manchmal auch strenge, aber lehrreiche Zeit verbringen konnte. Jedem, der ein gutes Herz hat und Verantwortung mit Bewusstsein trägt, würde ich das Projekt weiterempfehlen.  – Danke, Déborah. Nun aber zum eigentlichen Teil, welchen ich mit einem Moment beginne, den ich nie mehr vergessen werde.  Versucht euch doch, in diese Situation hineinzuversetzen. Dann wirkt das Ganze noch viel intensiver und interessanter. 

Ich stehe da, mein erster Arbeitstag

Heute sollen zu therapierende Kinder vorbeikommen. In der ersten Gruppe sind fünf bis sieben Kinder und in der zweiten Gruppe kommen die Jugendlichen. Die Pferde stehen bereit und ich bin nervös. Ich weiss nicht, was mich erwartet. Ich habe weder Erfahrung mit psychisch beeinträchtigten Personen, noch habe ich schon einmal mit Pferden als Medium gearbeitet. Zuerst werden mir die Patienten vorgestellt. Man sagt mir, ich solle immer aufmerksam sein. Es könne sein, dass einige schlagen, beißen, kratzen oder dich an den Haaren ziehen. Im Normalfall aber passiere nichts. Nur einer sei dabei, auf den müsse man ganz speziell achten, denn wenn er einmal beginne zu rennen, kann man ihn nur noch schwer wieder bremsen. Das könnte die Pferde erschrecken und die Klienten gefährden. Die meisten haben die Diagnose Autismus. Ich schlucke laut und sehe mich um. Eine Mitarbeiterin legt mir ihre Hand auf die Schulter und sagt mir: „Keine Angst, zuerst kommen die Kinder, bei denen schmerzt es noch nicht so. Und bei den Älteren kannst du etwas mehr Abstand halten.“ Danach lächelt sie und es geht los.

So landete ich diesen Sommer im Pferdezentrum in Lima, Peru

Ich bin auf dem Land aufgewachsen. Schon als kleines Kind war ich fasziniert von der Tierwelt. So habe ich mit sechs Jahren begonnen zu reiten. Ich habe es geliebt. Natürlich war ich mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst, welcher Aspekt mich am meisten faszinierte. Ich habe damals an einem Reitnachmittag teilgenommen, bei dem man alles rund ums Pferd gelernt hat. Von der Anatomie über die richtige Pflege und zum Schluss durften wir auch reiten. Als ich nach Basel gezogen bin, konnte ich meinem Hobby aus zeitlichen und finanziellen Gründen nicht mehr nachgehen. Erst in meinem Pausenjahr nach der Matura, fand ich den Zugang zu den Pferden wieder. Ich arbeitete auf einer Farm in Neuseeland und durfte eine einmalige Erfahrung der psychologischen Wirkung der Arbeit mit den Vierbeinern erleben.

Ich entschied mich danach dazu, mich an der Universität Basel für Psychologie anzumelden

Ich wurde aber den Gedanken nicht los, irgendwann wieder die Zusammenarbeit mit Tieren, insbesondere Pferden zu suchen. Als ich dann das Propädeutikum bestanden hatte, wurde es Zeit, mich um ein Praktikum zu kümmern. Aus persönlichen Gründen wollte ich dafür unbedingt in ein anderes Land. So kam es, dass ich eines Morgens aufwachte, meinen Laptop nahm, mich beim Sprachenzentrum für Spanisch anmeldete und die Suche nach einer geeigneten Praktikumsstelle in Südamerika für Hippotherapie anging. Es dauerte nicht lange und ich wurde fündig bei einer deutschen Organisation namens Rainbow Garden Village, welche mir einen Platz in Peru vermitteln konnten. Sie halfen mir mit allen Vorbereitungen, waren in Kontakt zum künftigen Arbeitsplatz und kümmerten sich um eine familiäre Gastunterkunft.

Ich war Ihre erste Praktikantin

Deswegen war es nicht nur für mich, sondern auch für meinen Arbeitgeber eine total neue Erfahrung. Zusammen haben wir Anforderungen und Tätigkeitsbereiche herausgearbeitet, womit wir beide glücklich waren und vom jeweilig anderen profitieren konnten. Danach ging es auch schon los. Zu Beginn und um mich in die Materie Pferdetherapie etwas einleben zu können, durfte ich zu jeder Zeit mit den bereits ausgebildeten Therapeuten mitgehen. Mir kam sehr zu Gute, dass Peruaner grundsätzlich sehr gesellige und schwatzhafte Personen sind. So haben sie es geliebt, mir alles zu erzählen und zu erklären und das meiste auch zwei oder dreimal bis ich es wirklich verstanden hatte. Je mehr ich lernte, desto mehr durfte ich auch aktiv mithelfen.  

Ein kurzer Rückgriff zu meiner Geschichte am Anfang

Ja, der Patient ist davongerannt, es wurde auch geschlagen und an den Haaren gerissen. Zum Glück noch nicht an diesem Tag, sondern erst eine Woche darauf. Und bis dahin, hatte ich schon eine Menge lernen können und wusste in diesem Moment wie reagiert werden musste. Ich habe mich mit jedem Tag wohler gefühlt.

Meine Tätigkeit war sehr vielfältig

Zu Beginn stand im Vordergrund, so schnell wie möglich alles Wichtige zu erlernen. Darunter versteht sich vor allem der Umgang mit den Pferden, das Reiten miteingeschlossen und natürlich auch eine Basis an Sprache. Ich konnte bis zu dem Moment meiner Ankunft noch nicht viel mehr als hola, hasta luego und no entiendo nada. Zum Glück kann man durch Kinder viel lernen, da sie immer zu dir ehrlich sind, und dich auch direkt darauf ansprechen, wenn du wieder etwas sagst, das in keiner Weise irgendeinen Sinn ergeben könnte. Schwierig mit der Verständigung wurde es bei Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten. Nicht selten kam es vor, dass sie meine Befehle nicht befolgten und mich dann schlecht fühlen ließen, weil sie so taten als würden sie mich nicht verstehen.

Über Verständigung...

Es ist schon schwer genug mit solchen Kindern umzugehen, wenn man die Sprache spricht. Aber wenn man zuerst Stunden nach einem passenden Wort suchen muss, ist es wirklich sehr schwer, seine Autorität durchzusetzen. Für diese Situationen hatte ich dann den Ausländerbonus. Unter meinen Arbeitskollegen wurde es mir dann erlaubt, die Therapie zu tauschen, mit zum Beispiel einfachen autistischen Kindern. Diese Personen sprechen bekanntlich nicht viel, so hatte ich die Möglichkeit einfach mal darauf loszusprechen und nicht unterbrochen zu werden, egal was gerade aus meinem Mund herauskam. Ich konnte an ihren Gesichtern erkennen, ob ihnen meine Geschichten gefielen oder nicht.

Kulturelle Unterschiede

Auch schwierig besonders bei ganz kleinen Kindern war das fehlende Verstehen der Kultur. Man sieht anders aus, man spricht anders und man verhält sich anders. Gewissen Kindern konnte man die Skepsis in den Augen ansehen und andere begannen einfach zu weinen. Bei wieder andern aber hat es mir auch geholfen, einen Kontakt herzustellen. Ich habe mit Ihnen Deutsch gelernt oder einfach nur erzählt, was die Schweiz ausmacht oder was Hauptunterschiede zu Peru sind.

Pferde sprechen eine universelle Sprache

Zu meinen Gunsten kam, dass die Arbeit nur mit den Tieren auch einen Grossteil meiner Anwesenheit einnahm. Die sprechen eine universelle Sprache. Das Reiten ist sehr wichtig, um die Tiere kennen zu lernen und die Beziehung zu ihnen aufrecht zu erhalten. Wenn man mit ihnen Therapien durchführt, ist es von grösster Wichtigkeit, immer zu wissen wie es ihnen geht. Auch Pferde können mit dem falschen Bein aufstehen, sich nicht gut fühlen oder sogar krank sein. Sie in diesem Falle sie beeinträchtigte Personen loszulassen könnte im schlimmsten Falle tödlich enden. Deswegen gibt man ihnen regelmässig die Möglichkeit, sich gut auszutoben. Und für die Therapeuten ist ein guter Sitz das A und O.

Auch manche Sprichwörter sind unviersell

Ich könnte euch noch seitenweise Erklärungen geben, warum das Reiten noch alles gut sein kann. Ich könnte es auch in Verbindung bringen mit der ganzen Theorie der Hippotherapie, aber für das fehlt mir hier die Zeit. Schön war jedoch, dass ich in meinem Praktikum wirklich die Zeit hatte, einen guten Einblick in diese Art von Arbeit zu erhaschen. Umso mehr bin ich mir zum Schluss sicher geworden, dass ich diese Richtung auch zurück in der Schweiz weiterverfolgen möchte. Vielleicht habe ich jetzt noch nicht die Möglichkeit, aber bekanntlich führen ja viele Wege nach Rom. Dieses Sprichwort kennt man auch in Peru.

Zu jedem Bericht gehört auch ein guter Abschluss mit Tipps und Tricks

Ich habe nicht viel mehr zu sagen als: „getrau dich!“ Solche Erfahrungen, ganz egal welcher Art, verändern dich und dein Leben. Du hast die Möglichkeit neue Dinge zu entdecken und dich von einer anderen Seite kennen zu lernen. Über Peru kann ich nur in gutem Ton sprechen. Es hat liebenswürdige Menschen da, und das Land ist imposant. Lima würde ich aber im Winter nicht mehr zwangsläufig besuchen. Das Wetter ist mehr oder weniger jeden Tag neblig und eher kalt. Hat aber auch den Vorteil, dass man bei der Arbeit in einem angenehmen Klima arbeiten kann. Im Sommer soll es schwül und heiss sein.

In der Einrichtung sprechen die meisten Therapeuten Englisch

So kannst du je nach Level deines Spanischs doch etwas verstehen, das ist in Peru aber niemals selbstverständlich. Eine sprachliche Basis kann deswegen von Vorteil sein. Was ich auch lernen musste ist, dass in Peru nichts funktioniert. Die Autos haben keine Türöffner oder es fehlt ihnen gänzlich an Fenstern. Die Leute verstehen häufig nicht, was sie gerade tun und sagen dir das auch direkt so. Wenn du also keine Probleme haben möchtest, musst du deine sieben Sachen gut organisiert haben, dann wirst du für alles eine Lösung finden. Frage verschiedene Personen nach Auskunft, denn die erste Information ist meistens nicht die Richtige. Dafür gibt dir jeder auf der Strasse, ob alt oder jung, gross oder klein, schlau oder nicht schlau, Auskunft zu deiner Frage. 

Und sei nicht zu sehr Schweizer/in – ein Freund hat mir das vor meiner Reise auch geraten  

Zu extreme Pünktlichkeit wird nicht selten als störend und sogar auch als unhöflich angesehen. Dramas und Änderungen von Abmachungen gehören eben zum Alltag, man lernt es kennen und lieben, aber man muss lernen, das Leben etwas lockerer zu nehmen, sonst wird man in diesem Land die Nerven verlieren und nicht so schnell wiederfinden. Wenn man es aber schafft, sich darauf einzulassen, wird man eine unvergessliche Zeit erleben, in der man nie weiss was als nächsten auf einen zukommt.

Von Naura, Oktober 2018

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Naura

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