18.06.2025 / Erfahrungsberichte

Mitten im Alltag Vietnams – Mein Einsatz auf der Farm bei Hanoi

,,Es ist schwierig, ein besonderes Erlebnis hervorzuheben, da ich den ganzen Aufenthalt als «besonders» erlebt habe."

Ankunft in Hanoi

Einige Tage vor meiner Abreise nach Hanoi kontaktierte mich das RGV Team in Vietnam, über meinen RGV-Zugang. Wir tauschten uns anschließend noch per WhatsApp aus, so dass ich über die notwendigen Koordinaten für eine Kontaktaufnahme nach meiner Landung in Hanoi verfügte.

Die Einreise in Vietnam mit dem zuvor im Internet beantragten E-Visa erfolgte ohne Probleme. Wie vereinbart, wartete ein RGV Teammitglied in der Ankunftshalle im Flughaben von Hanoi auf mich. Von meiner früheren Reise im Jahre 2018 nach Vietnam sowie meinen Reisen in einige andere Länder von Asien, kannte ich das Land bereits etwas und war nicht überrascht von der Lebendigkeit, der Hektik, dem Lärmgewirr und ständigen Hupen auf den Strassen. Trotzdem erschüttert mich der herumliegende Abfall immer wieder von Neuem. Meines Erachtens ist die Abfallentsorgung (Recycling) ein grosses ungelöstes Problem des Landes. Auch der Transport von der Farm zum Flughafen am Ende meines Aufenthalts wurde durch Ms. Duong organisiert und verlief reibungslos.

Orientierungsprogramm

Die Vorbereitung und Planung über meinen persönlichen Rainbow Garden Village (RGV) Zugang verlief problemlos und alle Fragen wurden in nützlicher Zeit bewantwortet. Meinen Flug buchte ich über das empfohlene Reisebüro. Ich erhielt umgehend einen Vorschlag für die An- und Rückreise von Zürich nach Hanoi, mit Zwischenhalt in Istanbul, welchen ich gleich gebucht habe. Mit ist eine frühzeitige Platzreservation bei längeren Flügen wichtig, was bei der Türkish-Airlines direkt auf ihrer Homepage erledigt werden kann.

Aufgabenbereiche

Ich habe mich gemäß der Projektbeschreibung auf eine Arbeitszeit von 8 Uhr bis 17 Uhr eingestellt. Ich war entsprechend erstaunt, als mir am ersten Arbeitstag um ca. 10:15 Uhr signalisiert wurde, dass die Arbeit für diesen Morgen beendet sei. Mr. Huong begab sich gleich in die Küche und begann mit der Vorbereitung für das Mittagessen, welches wir dann bereits um 10:45 Uhr zusammen eingenommen haben. Ich wusste, dass in Vietnam das Mittagessen eher früher eingenommen wird, als dies in Europa üblich ist. Ich war dann aber trotzdem etwas überrascht. Nach dem Mittagessen wird in Vietnam konsequent ein Mittagsschlaf abgehalten, sei dies in der Schule oder am Arbeitsplatz, das war auch hier auf der Farm so und wir starteten dann erst um 14 Uhr wieder mit der Arbeit. Als es wärmer wurde (Ende März) und die Temperatur teilweise bereits auf über 35 Grad stieg, starteten wir am Nachmittag sogar erst um 15 Uhr. Aber auch am Nachmittag dauerte die Arbeitszeit für mich in der Regel nur ca. 2.5 Stunden. Ich habe nur an wenigen Tagen länger als 5.5 Stunden gearbeitet.

Nach dem Frühstück (Mo – Fr um 06:30 Uhr, Sa und So um 07:00 Uhr) und Mittagessen, wusch ich jeweils noch das Geschirr, was aber nicht erwartet wurde. Ich habe ab und zu auch von mir aus eine Arbeit zu Ende geführt oder etwas zusätzlich erledigt. was immer großes Erstaunen ausgelöst hat.

Die Arbeit als Farm Volunteer in Vietnam bestand aus diversen Tätigkeiten wie Gartenbeete vom Unkraut befreien, helfen beim Setzen von neuen Setzlingen und Jungbäumen sowie dem Verjüngen von Bananenstauden, dem Ernten von Tomaten, Bohnen und während ca. zwei Wochen von Maulbeeren, dem Bewässern der frisch gesetzten Pflanzen, Holz zum Feuern zubereiten (sägen und spalten). Alle Arbeiten führte ich immer auf Anweisungen und in Begleitung von Mr. Huong aus. Wir sind beide gleich Alt (67 Jahre) und verstanden uns auf Anhieb bestens, obwohl wir nur via Sprach-App verbal miteinander kommunizieren konnten. Die Arbeit mit Mr. Huong hat mir Spass gemacht und ich lernte viele neue Pflanzen und Arbeitsweisen kennen, aber auch wie Bananen geerntet werden.
Ich absolvierte als Jung zuerst eine vierjährige Ausbildung als Maschinen Mechaniker und war anschließend noch drei Jahre auf dem Beruf tätig, zwei Jahre davon auf Montage. 

Ich war deshalb erstaunt, dass der Umgang mit dem vorhandenen Werkzeug nicht meinen Vorstellungen entsprochen hat. Leider wurde dies oft dort liegen gelassen, wo es zuletzt gebraucht wurde, auch wenn es zu regnen begann. Leider ist auch auf der Farm das herumliegende Plastik ein ungelöstes Problem. Beim Jäten erstellt ich jeweils in der Nähe des Beetes eine Plastikdeponie, mit dem aus dem Pflanzenbeet herausgeholten Plastik. Hier wünschte ich mir für den Betrieb einen anderen Umgang.

Seit der Corona-Pandemie hat sich der Betrieb der Farm grundlegend verändert. Heute ist das Pächter-Ehepaar auswärts berufstätig. Sie verlassen am Morgen den Betrieb und kehren erst zum Nachtessen in die Farm zurück. Auch die beiden Kinder (Tochter Tom 13 Jahre und Sohn Bin 10 Jahre) gehen am Morgen in die Schule und kehren erst im Verlauf des Nachmittags oder gegen Abend zurück. Tagsüber ist somit nur Mr. Huong (Vater von Mr. Binh) auf der Farm anwesend.

Wohnen

Ich verfügte in einem Nebengebäude des Wohnhauses über ein eigenes Zimmer. Das Gebäude ist containerähnlich gebaut (aussen Stahl) und verfügt über eine Tür und zwei Fensteröffnungen (nur mit «Blechfenster» verschliessbar. Ich habe diese jeweils nur auf einer Seite geöffnet und die Öffnung mit meinem mitgebrachtem Moskitonetz abgedeckt. Ich hatte deshalb nur ganz selten eine Mücke in meiner Kammer. Über dem breiten Bett hing ein großes Moskitonetz. Ich war somit immer gut vor möglichen Mücken etc. geschützt. Es verirrte sich aber ab und zu eine große Spinne in das Zimmer, welche ich jeweils mit einem Besen nach draußen trieb. Die Spinnen können beissen und dies schmerzt wie ein Bienen oder Wespenstich.

Die Matratzen (Futons) sind in Vietnam eher hart, ich war deshalb froh über meine aufblasbare Schlafmatte (Exped) sowie meinen dünnen Kunstfaser-Schlafsack. Es stand eine große und relativ dicke Bettdecke mit Anzug zur Verfügung. In den warmen Nächten schlief ich sogar ohne jegliche Decke. Zu Beginn meines Aufenthalts Ende Februar waren die Nächte aber teilweise so kühl, dass ich trotz meines Schlafsacks auch noch die Bettdecke gebraucht habe. Ich war als einziger Volontär auf der Farm und somit stand mir das Zimmer alleine zur Verfügung, was ich sehr geschätzt habe. Direkt neben dem Zimmer befindet sich eine Toilette. Ich konnte aber auch immer die Toilette im Haupthaus benutzen, wo sich auch die Dusche befand.
Alle Mahlzeiten habe ich immer zusammen mit der Gastfamilie auf der Terrasse des Wohnhauses eingenommen. Mir wurde auch angeboten, dass ich das Wohnzimmer benutzen darf, was ich nur wenige Male tat. Meistens saß ich draußen auf der Terrasse, zum Lesen oder Surfen. Beim Haupthaus besteht ein guter WLAN-Empfang und somit war das Telefonieren per WhatsApp problemlos möglich. Im Zimmer war der Empfang nur noch schwach, was für mich kein Problem darstellte, ich konnte einfach nach vorne gehen. Das Zimmer verfügt über Steckdosen, welche für zweipolige Stecker ohne Adapter verwendet werden können. Hilfreich fand ich meine Stirnlampe, da das Bett ziemlich vom Lichtschalter entfernt war.
Obwohl sich die Farm in einem «grünen Gürtel» befindet, besteht oft eine Lärmemission, tagsüber vom nahen Freizeitpark mit jeweils vielen Kindern und einer lauten Animation, am Abend von den Nachbarn, wird in Vietnam Karaoke geliebt und auch in privaten Wohnungen in voller Lautstärke zelebriert. In der Nacht waren auch die Schiffe auf dem nahen Fluss zu hören.

Essen

Das Essen in der Gastfamilie und all meinen Besuchen von Verwandten und Bekannten sowie in den Gaststätten war hervorragend und abwechslungsreich. Ich wurde während meines Aufenthalts von der Gastfamilie richtig verwöhnt. Zum Frühstück gab es Klebreis, Reis oder eine Nudelsuppe, am Wochenende auch ab und zu einmal Brot. Immer wieder wurde ich mit einer vietnamesischen Spezialität überrascht (Reiskuchen etc.).

Am Mittag sowie zum Nachtessen gab es immer Reis sowie mindestens zwei Beilagen wie Fleisch, Fisch, Crevetten oder Tofu und zwei Sorten Gemüse. Nach dem Essen wurden jeweils zwei Sorten Früchte angeboten. Das Essen konnte jeweils in kleinen Schälchen mit

Fisch-, Sojasauce, aber auch Chili oder einer Salz-Pfeffer-Limettenmischung getunkt werden. Ich liebte das Essen in Vietnam. Es ist aber zu erwähnen, dass ich jemand bin, der überall alles isst oder es mindestens kostet, was die Leute hier immer wieder überrascht hat. Zum speziellsten Essen gehörten die frittierten Heuschrecken, die Schweinsohren aber auch die Blut- und Leberwürste. Die Mahlzeiten in Vietnam werden natürlich mit den Stäbchen eingenommen!
Ich liebe es, Kaffee zu trinken. Dies ist aber nicht nur in Italien hervorragend möglich, sondern eben auch in Vietnam und dies in allen Variationen, mit Ei, mit salziger Creme, mit Kokosnuss, mit Joghurt oder einfach nur ein Ca phe Sua Da (Iced Coffee).

Freizeit

Meine primäre Motivation für meine zwei monatige Freiwilligenarbeit in Vietnam war, in das authentische Alltagsleben eintauchen und dies erleben zu können. Die bekannten Sehenswürdigkeiten besuchte ich bereits auf meiner Reise im Jahre 2018. Ich hatte deshalb kein Bedürfnis, diese Hotspots nochmals zu besuchen. Mr. Huong hat mich von Beginn an in sein Herz geschlossen und mich deshalb mehrmals an einem Wochenende zu sich nach Hause, auf diverse Ausflüge, an diverse religiöse Feste sowie zu Besuchen bei Bekannten und Verwandten mitgenommen! Ich hatte deshalb das große Glück und die einmalige Chance, viel von der vietnamesischen Kultur kennen lernen zu dürfen, dafür bin ich unendlich dankbar.

In der Mittagspause habe ich oft etwas für mich gelesen und ab und zu auch ein Mittagsschläfchen gehalten. Am Abend spielte ich manchmal mit dem Sohn und der Tochter, Karten (Uno), Pfeilbogen-Schiessen, Basketball etc. Ich begab mich jeweils um 20 Uhr in mein Zimmer, damit die Familie auch noch für sich alleine sein konnte.
An den wenigen Wochenenden ohne Programm mit Mr. Huong oder der Gastfamilie fuhr ich jeweils mit dem Fahrrad der Gastfamilie von der Farm nach Hanoi-City, um durch die Stadt zu kurven sowie leckere Kaffees zu trinken. Zweimal traf ich mich mit einer anderen Volontärin aus Deutschland, die zur gleichen Zeit in einem anderen Projekt in Hanoi im Einsatz war. Die Distanz von der Farm ins Zentrum beträgt gut 10 Kilometer. Dies erfordert Erfahrung mit Fahrradfahren, da es beinahe nur eine Verkehrsregel gibt, welche eingehalten wird, der Stärkere hat Vortritt! Mir hat dies jeweils großen Spaß gemacht und ich fand mich mit dem Verkehr problemlos zurecht. Bereits auf dem Weg in die Stadt gab es immer wieder Neues zu entdecken oder etwas kleines zu kaufen sowie viele Fotos zu schießen oder einfach zu staunen.
Ich unternahm auch noch kleinere Fahrradtouren in die entgegengesetzte Richtung von Hanoi und erlebte immer wieder viel Neues. Zum Glück hatte ich auf all meinen Touren nie eine Panne zu beklagen.

Besondere Erlebnisse

Es ist schwierig, ein besonderes Erlebnis hervorzuheben, da ich den ganzen Aufenthalt als «besonders» erlebt habe. So war die Busreise zu den ersten Wirkungsstätten von Ho Chi Min mit den Kollegen und Bekannten von Mr. Huong ein spezielles Erlebnis, wir waren von morgens um 4 Uhr bis abends um 21 Uhr unterwegs. Dabei waren schon nur die drei Mahlzeiten jeweils ein Ereignis für sich.

Auch die besuchten Pagoden und die Prozessionen mit den bunten Kleidern der Musik waren einmalige Erlebnisse. Unvergesslich bleiben mir die Totenehrungen von verstorbenen Verwandten und die damit verbundenen Mahlzeiten im großen Familien und Bekanntenkreis.
Bereits aber ein Lächeln mit einer bisher fremden Person, ein gemeinsames Foto bei einer spontanen Begegnung sind besondere Erlebnisse. Überall haben sich die Menschen über meine Anwesenheit gefreut und an all den besuchten Orten (Hanoi-City ausgenommen), war ich der einzige westliche Tourist.
Ein Aufenthalt auf der Farm ermöglicht einen guten Einblick in das Leben der Menschen in Vietnam.

Zuletzt geändert am: 25.07.2025

Portrait Martin beim Farm-Volunteerprojekt, Vietnam, 2025
Autor
Martin beim Farm-Volunteerprojekt, Vietnam, 2025

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