11.12.2024 / Erfahrungsberichte

Volunteering in einem Kindergarten auf Sansibar

,,Die Zeit war fantastisch, zu kurz, bereichernd. Danke an all die tollen Leute, mit denen ich vor Ort war."

Kindergarten-Projekt auf Sansibar

Ulrikes Zeit auf Sansibar

Anreise/Ankunft

Ich bin von Frankfurt aus geflogen, Zwischenstopp in Mombasa, aber ohne die Maschine verlassen zu müssen. Bis auf eine zweistündige Verspätung in Frankfurt hat alles prima geklappt. Alle Formalien am Flughafen waren kein Thema und auch die Abholung durch das RGV-Team vor Ort lief reibungslos. Ich hatte zwar kein T-Shirt, aber dank Kontakt, den ich vorab schon aufgenommen hatte, haben wir uns ganz easy am Flughafen gefunden. Neben Henry und Shamila, wurde ich von einem heftigen Regenschauer begrüßt. Die Straßen standen unter Wasser, das Verkehrschaos war krass. Da ich nicht das erste Mal in Tansania unterwegs war, hat mich das aber noch nicht eingeschüchtert.

Als wir in Bububu von der Hauptstraße abfuhren und den Weg ins Beachhouse eingeschlagen haben, wir dort an einem riesigen Hochhaus und einer ebenso riesigen Müllhalde vorbeifuhr, dachte ich allerdings schon: „oh ha“. Vor Ort hat mich dann aber eine wirklich schöne Unterkunft erwartet. Das Ankommen wurde durch den herzlichen Empfang der anwesenden Volunteers zu einem wirklich schönen Moment und ich habe mich direkt wohl gefühlt.

Orientierungsprogramm

Nachdem ich die Taschen abgeladen habe, ging es sofort los zum Orientierungsprogramm. Gabby war in einem anderen Einsatz, deshalb hat Shamila übernommen. Wir sind direkt mit dem Daladala losgefahren und ich dachte: ,,Wow, ob ich mich damit jemals zurechtfinde!?”

Bei dem Rundgang durch Stone Town hat mir Shamila einen kleinen Überblick gegeben, aber ganz ehrlich? In so kurzer Zeit, direkt nach dem langen Flug und doch noch ein wenig geflasht von all den Eindrücken, habe ich mir nicht so viel gemerkt. Es war trotzdem nett, man hat ein bisschen was gesehen, konnte Geld tauschen, hatte das erste kulinarische Erlebnis in einem netten Cafe und war direkt mittendrin im trubeligen Sansibar-Leben.

Aufgabenbereiche

Die Schule, für die ich eingeplant war, hatte gerade Examenstage. So fand dort kein Unterricht statt und ich bin erstmal mit den anderen in eine Einrichtung gekommen, die in Deutschland unter Kindergarten/Vorschule laufen würde. Unterricht war immer von 07:00 Uhr bis 11:00 Uhr (freitags bis 10:00). Wir waren in der Regel von 08:00 bis 11:00 vor Ort. Der erste Eindruck von der Schule: „Krass, wie laut 200 Kinder sein können“. Was für ein Gewusel und was für ein permanenter Lärmpegel. Ich bin da zum Glück nicht so empfindlich und habe mich schnell daran gewöhnt.

Da die Kinder kaum oder gar kein Englisch konnten, war die Verständigung schwierig. Aber schon alleine die Aufmerksamkeit, die man den Kids gegeben hat, war Gold wert. Ich habe die Lehrerin dabei unterstützt, die Aufgaben vorzubereiten, denn Drucker oder Kopierer gibt es dort nicht. Wir haben die Aufgaben für jeden Schüler handmade in die Hefte geschrieben oder gezeichnet. Da schreibt man schon 80-mal dasselbe... Kleine Einheiten in Englisch konnte ich übernehmen, aber aufgrund der fehlenden Kommunikationsmöglichkeiten drumherum, war die Aufmerksamkeitsspanne höchstens 20 bis 30 Minuten.

Recht schnell habe ich mich dann bei der täglichen Porridge-Ausgabe beteiligt. Das war immer sehr schön, denn so hatte man Kontakt zu allen 200 Kindern. Gold wert war die Bluetooth-Box. Auf Musik fuhren die Kinder ab und man konnte auf dem Schulhof zusammen tanzen. Beliebte Songs waren Head and Shoulders, das Fliegerlied, der ABC-Song oder der Ententanz. Alles in allem ist es beim betreuen der Kinder im Children's Center nicht so einfach, sich zielführend einzubringen. Aber wie gesagt, für die Kids da sein, ihnen Aufmerksamkeit schenken – das hat mir persönlich schon viel gegeben.

In der zweiten Woche habe ich die eigentlich angedachte Schule kennengelernt. Dort war es schon ganz anders. In der Klasse waren nur 13 Kinder (statt 40...) die schon ein wenig Englisch konnten. Außerdem gab es Bücher sowie Workbooks und im ersten Moment dachte ich: ,,Cool, da kann man sicher mehr erreichen”. Trotzdem habe ich mich dafür entschieden, in „meinem Kindergarten und in meiner Klasse“ zu bleiben. Beste Entscheidung ever, es war eine ganz großartige Zeit!

Das Müll-Thema, was sich eigentlich in allen Situationen und an allen Orten gezeigt hat, war auch in der Schule jeden Tag spürbar. Die Kids bekommen jeden Morgen aus einer riesigen Wanne ihr Frühstück, bestehend aus Süßigkeiten. Der Müll wird einfach auf den Boden geworfen und wir haben jeden Tag nach Schulschluss einen großen Berg Abfall zusammengefegt. Neben der Tatsache, dass Unmengen Süßkram gegessen werden, scheint hier 0,0 Verständnis dafür zu herrschen, dass man nicht einfach alles fallen lässt, wo man geht und steht.

Die Lehrer sind recht unterschiedlich unterwegs. „Meine“ Lehrerin war toll, sie hat sich bemüht, den Kids etwas beizubringen, hat den Stock eigentlich nur benutzt, um damit auf den Tisch zu schlagen. Bei anderen Lehrern haben auch die Kids etwas abbekommen. Durch das händische Vorbereiten der Schulhefte/Aufgaben, waren die Lehrer oft so beschäftigt, dass sie die Kids mit Anbrüllen und Androhung von Schlägen zur Ruhe bringen wollten. Es wäre viel einfacher, wenn man sich um sie kümmern würde. Englisch vermitteln, wenn man es selbst nicht richtig kann, ist eine Herausforderung. Da standen in den Heften dann schon mal völlig falsche Begriffe.

Kurz: Mit viiiiel Zeit und den notwendigen Sprachkenntnissen, könnte man hier sicherlich wirklich unterstützen und etwas bewegen. So ist es, gerade bei der kurzen Projektzeit von vier Wochen, eher ein Tropfen auf den heißen Stein, aber auf jeden Fall trotzdem ein wertvoller Beitrag.

Wohnen

Ich habe mich bei der Buchung für das Beachhouse in Bububu entschieden. Das Haus hat alles, was man braucht. Ich war in einem Doppelzimmer untergebracht, habe dort mit einer sehr netten Mitbewohnerin gewohnt und durfte im Etagenbett oben schlafen. Das hatte ich auch das letzte Mal auf einer Klassenfahrt in der Schule. Insgesamt gibt es im Haus drei Zimmer, alle mit eigenem Bad. Die Belegung der anderen beiden Zimmer ist, glaube ich, bis zu 5 Personen möglich. Das war aber bei uns nie der Fall.

Es gibt einen großen Aufenthaltsraum, eine Küche, eine Waschmaschine, eine Dachterrasse, die man ein bisschen netter gestalten könnte, und einen großen Garten, der direkt an den Strand grenzt. Den Strand darf man sich nicht so vorstellen, wie man ihn aus den Prospekten kennt. Bei Ebbe ist auch hier sehr, sehr viel Müll und selbst bei Flut braucht es manchmal schon einige Züge, bis man die Plastikflaschen hinter sich gelassen hat. Dafür ist aber immer viel los: Fischer, Bootsbauer, Fußballer, andere Sportler, sogar eine Truppe, die ihre Workout-Übungen zusammen macht.

Außerdem kann man jeden Abend einen ganz wunderbaren Sonnenuntergang erleben. Wenn man kontaktfreudig ist, findet sich hier immer jemand zum Unterhalten. Ich habe Haus, Strand und Umgebung sehr schnell liebgewonnen und habe mich absolut wohlgefühlt. Der Zusammenhalt im Beachhouse war super. Es gab einige Wechsel der Mitbewohner, aber wir haben immer sehr schnell zu einer netten Truppe zusammengefunden und waren viel zusammen unterwegs. Auch der Kontakt zur Volunteer-Unterkunft Nummer 2 war prima. Wenn man nicht wollte, musste man eigentlich nie alleine unterwegs sein. Ich erkunde die Gegend aber auch ganz gerne mal alleine und habe auf meinen Spaziergängen tolle Plätze und nette Leute gefunden/kennengelernt.

Essen

Amina, unsere Küchenfee hat jeden Tag super lecker gekocht. Wer gerne Bohnen und Reis mag, wird hier bestens versorgt. Ab und an etwas Salatiges dazu, manchmal Nudeln, manchmal Hähnchen, oft Obst. Ich fand es prima, bin immer satt geworden und hatte keine Probleme mit dem Magen. Amina freut sich, wenn man Interesse an ihren Kochkünsten zeigt und ich durfte so manches Mal auch von den Gerichten probieren, die sie für sich selbst zubereitet hat.

Das Frühstück war manchmal etwas eintönig. Es gibt halt nicht viele verschiedene Brotsorten, die Pancake-Tage waren immer ein Highlight, aber auch die frisch gepressten Säfte sind einfach nur köstlich. Daumen hoch für den Speiseplan! Aber auch Essen gehen kann ich empfehlen. In Stone Town gibt es die verschiedensten Restaurants, die alle mal ausprobiert werden wollen. Von Local-Food über Italienisch, Cafes und Snackbars findet hier eigentlich jeder etwas, das ihm schmecken sollte.

Freizeit

Durch die recht kurzen Arbeitszeiten hatten wir unglaublich viel Zeit, die Insel zu erkunden. Und das haben wir auch gemacht. Auf Spaziergängen, bei vielen Stadtbummeln, Wochenendtrips zu den schönen Stränden, unfassbar vielen Daladala-Fahrten (die für sich alleine schon immer ein tolles Abenteuer waren...), Touren mit Guides oder alleine. Die Kontakte guter und günstiger geführter Touren wurden immer schon automatisch in der WhatsApp-Gruppe geteilt, so dass man direkt gute Ansprechpartner hatte.

Für 15 Dollar mit Delphinen schwimmen, Schnorcheln, Memba Island besuchen, Seesterne sehen und köstliches Obst verspeisen, ist zum Beispiel ein Muss bei der Freiwilligenarbeit auf Sansibar. Aber auch der Besuch einer Schildkröten-Auffangstation in Nungwi, dem Naturschutzgebiet Jozabi mit seinen Affen, ein Essen in „The Rock“, das Schwimmen in der Grotte Kisiwa, die Spicetour, das Kochen mit Locals sind Ausflüge und Events, die ich jedem empfehlen würde. Oder einfach mal in einem netten Hostel in einer der Touri-Gegenden einbuchen und ein bisschen weißen Strand und glasklares Wasser genießen.

Besondere Erlebnisse

Für mich waren diese vier Wochen das Kontrastprogramm zu meinem Job und meinem Leben zuhause. Früher war ich für einen Sportreiseveranstalter unterwegs, als Familie reisen wir viel und immer so lange, wie es die Ferien zulassen. In Europa, aber auch im Rest der Welt. Die Teilnahme an einem Freiwilligenprojekt wollte ich aber einfach mal wieder nur für mich. Zumindest die ersten drei Wochen, dann kam meine Familie nach. Zuhause würde ich nicht im Traum darauf kommen, in einem Kindergarten arbeiten zu wollen, aber ich dachte mir, dass mir die Kids in so einem Projekt nochmal mehr ans Herz gehen, als es ein Einsatz mit Tieren tun würde.

Und so war es auch. Die Kids wachsen einem ganz schnell ans Herz. Es gab so viele tolle Momente, aber auch genauso viele Dinge, die einen nachdenklich werden lassen. Natürlich waren meine beiden Jungs (11 & 13 Jahre alt) und mein Mann auch mit in der Schule und ich bin dankbar, dass sie das Leben vor Ort selbst erleben konnten. Denn ich hätte all das Erlebte nicht so erzählen können, dass sie es auch nur annähernd nachvollziehen.

Zu den magischen Momenten gehört für mich das Schwimmen mit den Delphinen. Jede einzelne Daladala-Fahrt war ein besonderes Erlebnis für sich. Ich habe es geliebt! Der Trubel überall auf den Straßen, das Jambo, das gefühlt 1000x am Tag gerufen wird, der Moment, wo man wie selbstverständlich als Dorfbewohner begrüßt wird, die Bekanntschaften, die man macht, die Kinder, die einen schnell mit Namen kennen und von denen man freudig begrüßt wird, wenn man nach Hause kommt, die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Leute... alles besondere und wunderbare Momente.

Sehr lustig war die Begegnung mit Mohammed, bei einem meiner Spaziergänge. Er sprach mich auf Deutsch an. Eigentlich hatte ich gar keine Lust, mich zu unterhalten, habs dann aber doch gemacht und es stellte sich heraus, dass er lange in meiner Heimat gewohnt hat und sogar in dem Sportclub gearbeitet hat, in dem ich selber lange Mitglied war. Wir haben uns dann noch öfter getroffen und natürlich hat er auch meine Family kennengelernt. Ich denke, ich könnte noch lange schreiben, vermutlich habe ich die angedachten Zeichen schon lange überschritten. Von daher nur noch ein kurzes Fazit: Die Zeit war fantastisch, zu kurz, bereichernd. Danke an all die tollen Leute, mit denen ich vor Ort war.

Zuletzt geändert am: 04.08.2025

Portrait Ulrike im Kindergarten Projekt, Sansibar, 2024
Autor
Ulrike im Kindergarten Projekt, Sansibar, 2024

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