25.01.2024 / Top-Storys

So gründete ich in Tansania mein eigenes Volunteer-Projekt

Im Juni 2022 begab sich Laura auf eine bemerkenswerte Reise nach Sansibar, um am RGV-Freiwilligenprojekt zum Schutz von Meeresschildkröten teilzunehmen. Als Biologin hegte sie den Wunsch, nicht nur die Tierwelt zu erforschen, sondern auch eine tiefere Verbindung zu den Menschen vor Ort zu schaffen.

Was folgte, war eine unerwartete Reise, die ihr Leben und ihre Leidenschaft veränderte – eine Geschichte über Geschenke, Bedürfnisse und Empathie. Tauche ein in diese außergewöhnliche Reise, die von Sansibar zu den Maasai in Tansania führte und schließlich zu einer globalen Initiative für Menstruationshygiene wurde.

 Eine Reise des Wandels: Vom kleinen Abenteuer in Tansania zur globalen Initiative für Menstruationshygiene

Erste Schritte einer großen Reise – Wie durch eine Teilnahme am RGV-Projekt in Tansania ein eigenes soziales Projekt entstanden ist

Im Juni 2022 nahm ich an einem Freiwilligenprojekt von RGV auf Sansibar teil, das sich auf den Schutz von Meeresschildkröten konzentrierte. Als Biologin war es mein Ziel, Einblicke in den Artenschutz in anderen Ländern zu gewinnen. Während meiner zweiwöchigen Teilnahme an dem Projekt hatte ich die Gelegenheit, von meinem lokalen Team und meinen tansanischen Kolleg:innen in der Projektstation viel über das Land zu erfahren. Dabei konnte ich auch Einblicke in ihren Alltag und das Leben vor Ort gewinnen. Dies war der Hauptgrund, warum ich mich für ein Freiwilligenprojekt entschieden habe, anstatt nur eine herkömmliche Reise zu unternehmen – ich wollte eine enge Verbindung zu den Menschen vor Ort herstellen, zumindest innerhalb des Zeitrahmens von zwei Wochen.

Eines Tages habe ich eigenständig einen Ausflug zum Museumsdorf „Maasai World“ unternommen, um die Kultur dieses Volkes näher kennenzulernen. Die Maasai sind in Tansania und Kenia bekannt, aber den meisten Tourist:innen begegnen sie oft nur als Souvenirverkäufer:innen am Strand oder bei einem Dorfbesuch nach der Safari.

Mein Guide in „Maasai World“, Michael, war äußerst geduldig und beantwortete meine zahlreichen Fragen. Wie ich es bereits bei früheren Aufenthalten in Afrika erlebt hatte, war es auch in Tansania üblich, neue Telefonnummern und Visitenkarten auszutauschen. Am Ende der geführten Tour gab mir Michael seinen Kontakt und teilte mit, dass ich sein Heimatdorf auf dem Festland besuchen könnte. Dort könnte ich hautnah erleben, wie die Maasai in der Natur leben, eine Auszeit von Fernsehen und modernen Annehmlichkeiten nehmen und den wunderschönen Sternenhimmel auf dem Land genießen könne.

Ich nahm das Angebot zunächst freundlich an, verließ dann Sansibar und kehrte eine Woche später mit wunderbaren Erinnerungen an Tansania nach Deutschland zurück.

Eine unerwartete Reise: Eine Geschichte über Geschenke, Bedürfnisse und Empathie

Eine unerwartete Reise: Eine Geschichte über Geschenke, Bedürfnisse und Empathie

Gelegentlich spielt das Schicksal eine unerwartete Rolle und große Dinge geschehen ohne Vorwarnung. Aufgrund einer pandemischen Situation konnte ich einige Monate später meine ursprünglich geplante Reise nicht wie geplant antreten. Infolgedessen suchte ich erneut den Kontakt zu Michael und fragte ihn, ob ich eine Woche in seinem Heimatdorf verbringen könnte. Er stimmte zu, und so entschied ich spontan, meinen nächsten Urlaub in der ländlichen Umgebung zu verbringen. Das Kofferpacken fiel mir aufgrund meiner früheren Afrikareisen nicht schwer, aber ich wollte meinen Gastgeber:innen ein bedeutungsvolles Geschenk mitbringen. Es war mir wichtig, keine beliebigen "westlichen" Gegenstände zu schenken, daher erkundigte ich mich nach einem passenden Geschenk. Die Antwort, die ich erhielt, hat mich zutiefst überrascht und berührt.


„Die Frauen benötigen Damenbinden und Unterwäsche.“

Obwohl ich die Lebensbedingungen vieler Menschen bei früheren Reisen nach Südostasien und Afrika wahrgenommen hatte, habe ich nie intensiv über ein bestimmtes Thema nachgedacht. Ich erinnere mich an meine Zeit in Äthiopien, wo ich erfahren hatte, dass viele Mädchen auf dem Land die Schule abbrachen, weil sie keine Möglichkeit hatten, mit ihrer Periode in Würde umzugehen, geschweige denn auf andere Weise damit umzugehen. In diesem Moment fühlte ich mich wegen meiner Gedankenlosigkeit ertappt und beschämt. Es ist weltweit erstaunlich, wie viele Frauen nicht einfach in den nächsten Laden gehen können, um Hygieneartikel zu kaufen. Entweder gibt es keinen Laden in der Nähe, es fehlt ihnen an finanziellen Mitteln oder das Thema Menstruation ist so tabuisiert, dass sie ihre Bedürfnisse nicht offen äußern können.

Es gibt zahlreiche schockierende Informationen über das Problem der „Period Poverty“, von denen viele nie in Menschenrechtsberichten oder wissenschaftlichen Studien erfasst wurden. Die Tatsache, dass ich nun direkt damit konfrontiert wurde, bewegte mich zutiefst. Ich war beeindruckt von der Offenheit dieser Antwort und von der Tatsache, dass ein junger Mann aus einer als sehr patriarchalisch geltenden Kultur diese Bedürfnisse der Frauen so unverblümt ansprach.

Die Entstehung einer Leidenschaft: Wiederverwendbare Binden für Frauen in Not

Die Entstehung einer Leidenschaft: Wiederverwendbare Binden für Frauen in Not

Diese Gefühle haben in mir eine Leidenschaft für das Thema entfacht. Ich begann, mich über wiederverwendbare Binden zu informieren, da Einwegprodukte nur kurzfristig helfen würden und zudem Umweltbelastungen verursachen. Nachdem ich darüber nachgedacht hatte, wie man Binden ohne Zugang zu einer Waschmaschine effektiv reinigen könnte, entschied ich mich, mein eigenes Design zu entwickeln. Ich erstellte ein Schnittmuster für Binden, die frei von Plastik waren und eine herausnehmbare Einlage hatten.

Da ich jedoch keine Zeit zum Nähen hatte, suchte ich nach einer Schneiderei, die die Produktion für mich übernehmen konnte. Die Idee kam mir schnell, dass ich eine Werkstatt für Menschen mit Behinderungen in Betracht ziehen könnte. Mein Kontakt zu einer solchen Einrichtung in Berlin, dem FSD LWerk, verlief äußerst positiv. Ich besuchte die Werkstatt, stellte mein Projekt der Leitung der Schneiderei vor und wir arbeiteten gemeinsam mit den von mir mitgebrachten Stoffen an einigen Verbesserungen am Muster.

Ich hatte auch die Gelegenheit, die Mitarbeitenden im Werkstattbereich kennenzulernen. Die Leiterin der Werkstatt teilte später mit, dass ihre Mitarbeitenden sich sehr über das Projekt gefreut hatten und stolz darauf seien, dass ihre Produkte bis nach Afrika reisen würden. So brach ich wenig später zu meiner Reise nach Tansania auf, mit im Gepäck waschbaren Binden und Unterwäsche für etwa ein Dutzend Haushalte. Nachdem ich mich im Dorf eingelebt hatte, organisierten wir gegen Ende meines Aufenthalts eine kleine Versammlung für die Frauen, bei der ich meine Geschenke überreichen würde.

Da ich selbst kein Swahili sprach und dieses ungewöhnliche Geschenk nicht ohne Erklärung überreichen wollte, schlug ich vor, dass eine Krankenschwester anwesend sein könnte, um den Frauen zu erklären, wie man die Binden wäscht und ihre Fragen zu beantworten. Tatsächlich wurde dies dann auch umgesetzt.

Von warmherzigen Umarmungen zu einer globalen Mission für Menstruationshygiene

Von warmherzigen Umarmungen zu einer globalen Mission für Menstruationshygiene

Wie sehr hätte ich die Unterhaltungen in dieser Situation gerne verstanden. Aber was ich bei meinem Abschied erlebte, bedurfte keiner Worte. Mein Gastgeber, der junge Maasai, den ich zuvor nach den Gepflogenheiten in seiner Kultur gefragt hatte, erklärte mir, dass die Maasai sich normalerweise nicht umarmen oder viel Körperkontakt haben. Die herzlichen Umarmungen, die ich bei meiner Abreise aus dem Dorf erhielt, waren die wärmsten Umarmungen, die ich seit Langem erlebt hatte.

In der Folge habe ich darüber nachgedacht, wie ich noch mehr Frauen unterstützen könnte. Die Crowdfunding-Kampagne, die ich bereits vor meiner Reise gestartet hatte, setzte ich fort, um in Berlin weitere wiederverwendbare Binden herstellen zu lassen. Da ich fest daran glaube, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile, und ich nicht alleine mit diesem Anliegen bin, begann ich aktiv nach Kontakten zu suchen.

Ich habe einen Verein namens „Natur der Frau e. V.“ in Hamburg entdeckt, der sich darauf spezialisiert hat, das Thema Menstruation sowohl in Afrika als auch in Deutschland durch Bildungsprogramme für Frauen und Männer zu enttabuisieren. Sie bieten auch Schulungen zur Herstellung von wiederverwendbaren Binden an. Inzwischen arbeite ich aktiv mit diesem Verein zusammen und baue Beziehungen zu anderen Initiativen auf, um engagierte Menschen aus verschiedenen Ländern miteinander zu vernetzen.

Inzwischen habe ich mehrere Male Tansania besucht und werde in naher Zukunft Projekte für Schulkinder in zwei verschiedenen Regionen durchführen. Dabei werde ich ihnen waschbare Binden zur Verfügung stellen und ihnen den Zugang zu Gesundheitsbildung ermöglichen. Mein mittelfristiges Ziel ist es, den Frauen vor Ort den Zugang zu kostengünstigen Produkten zu ermöglichen und die lokale Produktion aufzubauen. Darüber hinaus arbeite ich derzeit an einem ähnlichen Projekt in einem anderen afrikanischen Land.


„Alles nahm seinen Ursprung in einer winzigen Reise, während meines RGV-Freiwilligenprojekts in Tansania.”

Portrait Laura Breitsameter
Autor
Laura Breitsameter

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