01.08.2020 / Erfahrungsberichte

Unterrichten in Nepal Erfahrungsbericht

Insgesamt war Nepal für mich eine unglaubliche Erfahrung und ich habe wahnsinnig viel über das Land, die Leute und letztendlich auch über mich gelernt. Wichtig ist, dass man wenn man nach Nepal geht, nicht die Erwartung hat, dass alles ähnlich organisiert abläuft wie bei uns, man muss flexibel, aufgeschlossen und anpassungsfähig sein. Ist man dies, kann man aber unglaublich viel mitnehmen und macht tolle Erfahrungen. 

Henriettes Zeit in Nepal

Meine Freiwilligenarbeit in einer nepalesischen Dorfschule

Ende August 2014 bin ich für vier Wochen aufgebrochen: eine aufregende, unvergessliche und bereichernde Zeit.

Hinreise und Ankunft in Kathmandu

Nepal ist ein Land, das ganz anders ist als bei uns und das einem viel Flexibilität und Anpassungsvermögen abverlangt, dies aber auch mit tollen Erfahrungen belohnt. Angefangen hat alles am Flughafen in Kathmandu nach einer langen, aber angenehmen Reise über Istanbul. Da ich mir das Visum schon im Vorfeld beim Honorarkonsulat in Köln besorgt habe, musste ich nicht lange warten und konnte direkt durchgehen. Aufgrund einiger Planungsschwierigkeiten im Vorfeld wurde ich zwar nicht abgeholt, dies war aber nicht weiter problematisch, da es zahlreiche Taxis am Flughafen gibt, von denen ich dann eins genommen habe.

Angekommen an meinem Hotel in Thamel, dem touristischen Zentrum Kathmandus, wurde ich von Sher empfangen, der das Taxi bezahlt und mir meinen Koffer abgenommen hat. Da das Zimmer noch nicht frei war, sind Sher und ich zunächst frühstücken gegangen, und er hat mir viel von den Projekten im Chitwan-Nationalpark erzählt. So konnte ich bereits einen ersten Eindruck gewinnen und wusste etwas besser, was auf mich zukommt. Aufgrund der bereits erwähnten Planungsschwierigkeiten habe ich das Orientierungs-Programm nicht gemacht (ich hatte aber am Ende noch Zeit, mir Kathmandu anzuschauen), sondern bin am nächsten Tag direkt weiter gefahren.

Unterkunft und Chitwan-Nationalpark

Obwohl die Strecke nicht sehr lang ist, dauert die Busfahrt zum Nationalpark etwa sechs Stunden. Der Bus war aber komfortabel und die Landschaft unglaublich faszinierend. Angekommen im Nationalpark wurde ich abgeholt und zu meinem Hotel gebracht. Das Hotel liegt am Rande eines kleinen Dorfes und beherbergt Gäste, die meistens für zwei bis drei Tage bleiben um Dschungelsafaris und Elefantenritte zu machen. Das Hotel gehört Shers Bruder Shiri. Shiri, seine Frau und die Tochter sind unglaublich nett und bemüht und hatten immer ein offenes Ohr. Ich habe mich im Umgang mit ihnen immer total wohlgefühlt. Auch alle andern Familienmitglieder und Angestellten des Hotels sind sehr nett.

Ausstattung der Unterkunft

Ich habe nicht im Hotel gewohnt, sondern direkt dahinter im "Volunteer-Zimmer", ein nettes Zimmer mit zwei Betten, einem eigenen Badezimmer und, wenn der Strom funktioniert, einem Ventilator. Mein Blick aus dem Fenster ging nach hinten auf Reisfelder und nach vorne auf einen Elefanten- und Wasserbüffelstall. In dem Bereich in dem das Zimmer lag hat, neben den Tieren, auch Shiris Familie gewohnt. Dies war sehr schön, da ich näher am familiären, "echten" Leben war, die Küche direkt um die Ecke war und ich viel mehr mitbekommen habe, gleichzeitig aber nah genug am Hotel war um dessen Vorteile, wie beispielsweise das W-Lan oder die gemütlichen Sessel im Garten nutzen zu können. Als ich ankam waren bereits zwei andere Freiwillige vor Ort, die mir viel erklärt und gezeigt haben. Das hat Vieles leichter gemacht, und ich konnte schneller alles kennenlernen. Die ersten zwei Tage habe ich dann das Touristenprogramm mit den Dschungeltouren und Elefantenritten gemacht, was sehr schön und gut zum Eingewöhnen war.

Einsatz an der Dorfschule

Am dritten Tag bin ich dann das erste Mal zu meinem "Arbeitsplatz" für die nächsten Wochen gefahren, einer Dorfschule. Die Schule hat Klassen von eins bis zwölf und verfügt darüber hinaus über so etwas wie einen Vorschulkindergarten, in dem die Kinder vor der ersten Klasse für einige Zeit "beschult" werden. Außerdem ist an die Schule angebunden ein Internat für blinde Schüler und Schülerinnen, für die es außerdem für einige Schulstunden einen gesonderten Klassenraum gibt, wo sie die Blindenschrift lernen etc. Obwohl es sich schon um eine Schule handelt, sind die Klassen eins bis vier in einem anderen Gebäude als die höheren Klassen und es gibt auch andere Direktoren und Lehrer und Lehrerinnen. Da ich in Deutschland Grundschullehramt studiert habe, wollte ich lieber die jüngeren Schüler und Schülerinnen unterrichten. In einem Vorgespräch, zu dem Shiri mich gefahren hat, habe ich mit dem Direktor über meine Fähigkeiten gesprochen und wir haben uns überlegt, welche Klassen ich in welchen Fächern unterrichten kann. Am nächsten Tag ging die Schule für mich dann auch schon so richtig los.

Der Arbeitsalltag in der Schule

Vom Hotel konnte ich mir ein Fahrrad leihen mit dem ich jeden Morgen um 9:30 Uhr etwa eine halbe Stunde über Stock und Stein, vorbei an vielen Reisfeldern und kleinen Siedlungen, zur Schule gefahren bin. Da es ziemlich warm war (ca. 35 Grad) und man als Volunteer in der Schule natürlich nicht in kurzen Hosen oder Tops auftauchen sollte, war dies immer ganz schön anstrengend.

Richtig anstrengend sollte es jedoch noch werden: um 10:10 Uhr ging die Schule los und ich hatte die Erstklässler als erste Gruppe. Diese können natürlich noch nicht viel Englisch, sind aber sehr lieb und neugierig auf alles. Gut war, dass in dieser Klasse nur etwa zwölf Kinder waren. So konnte man gut mit ihnen arbeiten und besser auf die einzelnen Kinder eingehen. In der ersten Klassen geht es zunächst einmal nur darum, dass die Kinder einzelne Wörter, zählen, Wochentage und Phrasen wie "My name is…", "I am…years old" etc. lernen. Die Kinder hatten immer viel Spaß daran Lieder zu singen oder "Arbeitsblätter" zu bearbeiten, bei denen sie die Bilder zu den gelernten und geschriebenen Wörtern ausmalen durften.

Herausforderungen bei der Arbeit mit den Kindern

Als Volunteer sollte man jedoch beachten, dass die Kinder nicht über Buntstifte verfügen und diese dementsprechend selbst mitbringen. Außerdem gibt es in der Schule keinen Kopierer, sodass "Arbeitsblätter" immer einzeln in der entsprechenden Zahl per Hand angefertigt werden müssen. Neben der ersten Klasse hatte ich noch eine dritte und eine vierte Klasse in Englisch und Mathe. Hier war es schon viel schwieriger zu unterrichten, da zum einen die Gruppen viel größer sind (etwa 25 Kinder) und zum anderen die Kinder sehr laut und undiszipliniert sind. Dies hat meiner Meinung nach verschiedene Gründe. Die Kinder testen aus, wie weit sie gehen können. Dies ist in ihren Augen wahrscheinlich sehr weit, da ich (und vermutlich alle zukünftigen Voluntäre) auf den Schlagstock verzichtet habe, den die einheimischen Lehrer und Lehrerinnen verwenden, um für Ruhe und Disziplin zu sorgen.

Umgang mit kulturellen Unterschieden

Darüber hinaus besteht ein weiteres Problem darin, dass es unmöglich ist, sich alle Namen der Kinder zu merken, da es einfach zu viele Namen sind, deren Klang für uns völlig unbekannt ist. Gleiches gilt für die Sprache: ich habe nur wenige Wörter Nepali gelernt und konnte den Kindern nichts in ihrer Sprache sagen. Die Kinder wiederrum konnten nur sehr wenig Englisch, sodass es insgesamt sehr schwierig war, für Ruhe zu sorgen und ihnen Dinge verständlich zu erklären. Hinzu kommt, dass ihnen Arbeitsformen und Methoden wie beispielsweise Gruppenarbeit unbekannt sind. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten habe ich es jedoch meistens in beiden Klassen geschafft, guten Unterricht zu machen. Dies ging am besten durch eine Mischung aus "Spaß" (zum Beispiel Spiele wie "Hangman", "Mr X", "Kofferpacken" oder Lieder wie "The wheels of the bus" etc) und "Ernst" (zum Beispiel ausdenken und vorspielen von Dialogen zu einem Thema, Ausfüllen von Arbeitsblättern, Erstellen von Steckbriefen, Rechenaufgaben (Mathe) etc.). Außerdem habe ich immer ähnlich ablaufende Stunden vorbereitet, damit die Kinder sich durch die Routine beruhigen und viel mit Belohnungen (Beispiel Sticker, schreiben mit Filzstiften, die ich ausgeliehen habe oder auch Spiele spielen/Lieder singen am Ende der Stunde) und Symbolen gearbeitet.

Vorbereitung auf den Unterricht

Es ist jedoch wichtig, dass die Stunden gut vorbereitet sind, da sie sonst definitiv chaotisch ablaufen. Dies bedeutet pro Tag sicherlich noch einmal zwei bis drei Stunden Arbeit "zuhause". Es ist außerdem wichtig, dass man, auch wenn man sich als Volunteer vielleicht ungerne in dieser Rolle sieht, relativ streng und konsequent ist und nicht in die Rolle des Freundes der Kinder rutscht, sondern für sie als Lehrer oder Lehrerin da ist. Dies ist sicherlich nicht immer leicht und neben der Disziplin gibt es sicherlich auch andere Schwierigkeiten, so wie beispielsweise, dass man den Lernstand der Kinder nicht kennt und dass es enorme Unterschiede in den Fähigkeiten der Kinder auch innerhalb einer Klasse gibt. Auch der Matheunterricht hat noch einmal seine eigenen Schwierigkeiten mit sich gebracht. All diesen Schwierigkeiten sollte man sich bewusst sein, wenn man sich entscheidet als Volunteer an eine Schule in Nepal zu gehen. Dennoch ist es nicht unmöglich, guten Unterricht zu machen und die viele Arbeit und Mühe wird auch stets von den Kindern belohnt, die eigentlich unglaublich lieb, neugierig und lustig sind. So war ich nach fünf Schulstunden und einer 45-Minuten-Pause dazwischen nachmittags um 14:40 Uhr auf dem Heimweg zwar immer total geschafft, häufig aber auch sehr froh und zufrieden, wenn etwas gut funktioniert hat und die Kinder Spaß hatten.

Zusätzliche Aktivitäten

Nach der Schule musste ich mich meistens erst einmal entspannen, da es sehr anstrengend ist, den ganzen Vormittag dem extremen Lärm ausgesetzt zu sein. Ich habe mich entweder zurückgezogen oder mich mit den anderen Freiwilligen oder den Kellnern vom Hotel, die erst zwischen 20 und 25 Jahren alt sind, unterhalten. Es gab aber auch genug Möglichkeiten sich mehr zu beschäftigen. Hinter dem Hotel ist ein Kinderheim, in dem etwa zwölf Kinder leben. Die Kinder und auch die Betreuer haben sich immer sehr über Besuch gefreut und die Kinder haben gerne Spiele wie beispielsweise Fangen etc. gespielt. Außerdem konnte man in der Küche helfen, in der für die Familie und das Hotelpersonal gekocht wurde, indem man einfache Aufgaben wie Kartoffeln schälen übernommen hat. Auch die Kellner im Restaurant haben sich gefreut, wenn man ihnen bei kleinen, aber nervigen Dingen wie Servietten-Falten geholfen hat. All dies war aber kein Muss und es blieb definitiv auch genug Zeit zum Entspannen oder für Ausflüge ins nahe gelegene Dorf. Schön war, dass fast immer auch andere Freiwillige da waren, mit denen man sich über seine Erfahrungen austauschen konnte und etwas unternehmen konnte.

Tagesablauf vor Ort

Bis auf ein paar Tage, an denen Feste stattgefunden haben (es gibt sehr viele Feste in Nepal, am Besten vorher über die Daten informieren, da es sonst zu erheblichen Unterrichtsausfällen und dementsprechend wenig Arbeit kommen kann), hatte ich somit einen relativ geregelten Tagesablauf, der morgens um 6 Uhr mit Unterrichtsvorbereitung begann, dann mit der Schule von 9:30 bis 15 Uhr (inklusive Fahrtzeit) weiterging und abends nach eigenständiger Beschäftigung immer bereits um 22 Uhr endete. Ab 21/22 Uhr ist nämlich wirklich nichts mehr los. Ich habe dies allerdings als sehr entspannend empfunden, da die Leute dort viel mehr mit dem Rhythmus der Sonne leben als ich es gewöhnt bin.

Die nepalesische Küche

Interessant für die, die sich überlegen nach Nepal zu fahren, ist sicherlich auch das Essen. Eigentlich gibt es morgens, mittags, abends Reis. Da mir persönlich morgens von Reis schlecht wird, habe ich jedoch immer im Hotel gefrühstückt, was auch kein Problem war. Dort gab es Toast, Ei und Tee. Mittags war ich ja noch in der Schule. Dort habe ich entweder mit den anderen Lehrern und Lehrerinnen einen kleinen Snack gegessen oder aber nichts. Abends gibt es, sowohl im Restaurant des Hotels als auch in der Küche hinten, dann wirklich immer Reis. Mir hat es immer sehr gut geschmeckt und es gab, neben der Linsensauce, auch immer noch eine andere Beilage, wie beispielsweise Kartoffeln oder verschiedene Gemüse. So hatte ich nicht wirklich das Gefühl mich mangelhaft zu ernähren. Was allerdings zu beachten ist, ist dass das Essen wirklich scharf ist, aber das ist natürlich eine Frage der Gewöhnung. Toll ist, dass man als Vegetarier oder Vegetarierin gar keine Probleme hat, da viele Menschen in Nepal selbst vegetarisch essen.

Reisen und Touren

Am Ende meiner Zeit bin ich noch mit vier anderen Freiwilligen gereist. Dies war total toll. Wir waren zuerst in Pokhara, einer sehr schönen Stadt mit großem See. Dort haben wir im Hotel von Shers und Shiris Bruder Hom gewohnt. Er und seine Frau sind wahnsinnig nett, haben sich sehr gut gekümmert und uns sehr viel ermöglicht. Wir konnten viel von Pokhara sehen und haben beispielsweise Paragliding gemacht. Außerdem haben sie uns eine Trekkingtour organisiert, bei der wir mit einem Guide und zwei Trägern vier Tage im Annapurna-Gebirge gewandert sind. Eine tolle Erfahrung, die man nirgendwo anders auf der Welt machen kann. Danach bin ich dann zurück nach Kathmandu und habe dort noch das Programm gemacht, welches eigentlich für die ersten Tage geplant war. Ein super Guide, der für Sher arbeitet, hat mir alles in Kathmandu und Umgebung gezeigt und ich habe wahnsinnig viel gelernt über die Geschichte, den Glauben und die Religion in Nepal. Auch zum Einkaufen von Mitbringseln blieb noch genügend Zeit.

Fazit meiner Freiwilligenarbeit in Nepal

Insgesamt war Nepal für mich eine unglaubliche Erfahrung und ich habe wahnsinnig viel über das Land, die Leute und letztendlich auch über mich gelernt. Wichtig ist, dass man wenn man nach Nepal geht, nicht die Erwartung hat, dass alles ähnlich organisiert abläuft wie bei uns, man muss flexibel, aufgeschlossen und anpassungsfähig sein. Ist man dies, kann man aber unglaublich viel mitnehmen und macht tolle Erfahrungen. Das Schulprojekt betreffend sollte man sich, vor allem wenn man vielleicht keine Erfahrungen mit dem Unterrichten hat, bewusst über die genannten Schwierigkeiten sein und überlegen, ob man diesen gewachsen ist. Auch eine gute Vorbereitung und das Mitbringen von einigen Materialien aus Deutschland sind wichtig und unbezahlbar. Ich würde immer wieder zurück nach Nepal gehen!

Unterrichten in Nepal Erfahrungsbericht von Henriette S.

Portrait Henriette
Autor
Henriette

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