01.08.2020 / Erfahrungsberichte

Erfahrungsbericht von einer Mädchenschule in Tansania

Insgesamt war diese Zeit von 8 Wochen sehr erfahrungsreich für mich, aber auch nicht immer leicht. Das Unterrichten in der Schule in Tansania hat sehr viel Spaß gemacht trotz der Sprachschwierigkeiten. Die Kollegen waren sehr nett, denn auch für die ist das Leben dort nicht leicht.

Birgits Zeit in Tansania

Anreise und Planänderungen

Nach einer zweitägigen Reise quer durch Tansania kam ich in Bweranyange, "auf dem Berg", wie ich den Ort nannte, an. Die Reise war sehr entspannt und gut organisiert: Ein Mitarbeiter von RGV hatte mich per Whatsapp von Dar Es Salaam nach Bweranyange geführt. Ich flog von Dar nach Bukoba. In Bukoba holte mich jemand ab, der mich zu einem Daladala (Kleinbus), das nach Kayanga (Bezirk Karagwe, Region Kagera, westlich vom See Viktoria, südlich von Uganda, westlich von Ruanda) fuhr.

In Kayanga übernachtete ich eine Nacht im Hotel der evangelischen Kirche. Es war zwar ein einfaches Hotel aber soweit in Ordnung. Am nächsten Morgen nach einem Frühstück mit dem Bischof wurde ich vom Schulfahrer abgeholt. Bis dahin dachte ich noch – so war meine letzte Information – dass ich bei einem älteren Paar untergebracht sei. Dies änderte sich jedoch, denn man hatte offensichtlich eine bessere Schule als Einsatzstelle für mich gefunden. Ich wurde also schließlich an einer evangelischen Mädchenschule eingesetzt. Ich würde in Bweranyange nun mit einer Kollegin zusammen wohnen.

Ankunft auf meinem Berg

Als ich nach einer Stunde Fahrt über einer staubigen Straße endlich auf meinem Berg ankam, war ich erst einmal aufgrund der abgeschiedenen Lage geschockt. Vor Ort gab es lediglich einen kleinen Bretterbudenladen, um etwas einzukaufen. Bweranyange ist ein sehr kleiner Ort mit wenig Infrastruktur, es gibt wie gesagt kaum Geschäfte, eine Kirche, eine Grund- und eine Sekundarsschule, mit ca. 100 Bewohnern. Die Dorfbewohner haben kein Fließendwasser und keine Stromleitung (bzw. die wurde gerade gebaut). Jedoch gibt es in der Schule und in meiner Unterkunft in begrenzter Menge Solarstrom.

Einkaufsmöglichkeiten und Transportmittel vor Ort

Am ersten Tag fuhr ich mit einem Privattaxi erst einmal wieder zurück nach Kayanga und machte vor lauter Panik einen Großeinkauf. Meine Kollegin Edina war auch dabei. Sie war die ganze Zeit während meines Aufenthaltes eine große Hilfe für mich. Es stellte sich heraus, dass jeweils am Dienstag in einem Nachbarort (ca. 15 Minuten Fahrt) ein Markt war. Dort gab es Tomaten, Zwiebeln, Eier, Öl zum Kochen, Kartoffeln, aber kein Brot und nur wenige Früchte – denn es war das Ende der Trockenzeit.

Wasser, Soft Drinks, Bonbons auch mal Tomaten oder Eier gab es auch ab und zu in dem kleinen Laden. Jedoch war immer Planung notwendig, um die notwendigen Lebensmittel zu kaufen bzw. kaufen zu lassen. Das war ein Problem. Das zweite Problem war die Lage auf dem Berg mit keinerlei Transportmöglichkeiten, außer dem Schultruck (eine Art Pickup) oder auch der Pikipikis (Motoradtaxis). Jedoch waren durch die Trockenzeit die "Straßen" in einem schlechten Zustand, so dass es für normale Autos auch schwierig war, zur Schule zu kommen.

Einfaches Leben mit meiner Gastfamilie

Ich war in einem kleinen Haus mit Edina, ihren beiden jüngsten Kindern (1,5 und 4 Jahre alt) und dem Babysitter untergebracht, das sehr spärlich eingerichtet war. In meinem Zimmer hatte ich ein Bett, einen Tisch, einen Stuhl und Haken an der Wand. Jedoch reichte es vollständig aus. Es gab keine Küche, wir hatten einen Gaskocher, einen Kohlekocher und eine Art Vorratsraum. Das Wohnzimmer bestand aus einem Tisch und einer Bank wie auch zwei Stühlen.

Über einen Innenhof kam man zu einem Badezimmer, getrennt nach Toilette (Hockklo) und einem Waschraum, in dem ein Waschbecken war, jedoch gab es kein Fließendwasser. Wir hatten aber Solarstrom für Licht und was bereits ein Luxus war, Steckdosen zum Aufladen von Handys, für meinen Laptop. Wasser holten wir aus einer Zisterne hinter dem Haus und dort haben wir auch unseren Müll verbrannt. Insgesamt also sehr einfach, aber daran hatte ich mich schnell gewöhnt, Edina und der Babysitter waren dabei auch sehr hilfreich.

Sie haben meistens abends gekocht. Was jedoch das größte Problem war, dass ich am Wochenende oft allein war, da meine Kollegen zu ihren Familien fuhren. Dann war es schon sehr einsam. Ich habe dann viel gelesen auf meinem Kindle, gekocht (meistens Kartoffeln und Eier oder Chipsi, Pommes), Unterricht vorbereitet, Wäsche gewaschen und mich gelangweilt. An Ausflüge war auf Grund der Lage nicht zu denken.

Tagesablauf an der Mädchenschule

Die Schule hatte sieben Klassen (Form I, Form II a und b, Form III a und b, Form IV a und b), ca. 20 Lehrkräfte (insgesamt mehr Männer als Frauen) und anderes Personal für die Küche, das Sekretariat oder die Buchhaltung. Es war ein Internat und die Eltern mussten ca. 500€ Schulgeld pro Jahr bezahlen. Morgens um 07:30 gab es getrennt für Schülerinnen und Lehrkräfte einen Gottesdienst, denn sie waren sehr gläubig und es handelte sich um eine kirchliche Privatschule.

Dann begann bis zum Frühstück um 11:00 der Unterricht, zum Frühstück gab es für uns Lehrkräfte Pfannkuchen und Tee, dann war wieder bis 14:00 Unterricht, zum Mittag gab es hauptsächlich Bohnen, Erbsen, Reis, Kochbananen (ähnlich unserer Kartoffel) und einmal die Woche Fleisch, was ich nicht essen konnte, da es gekocht wurde und alles, wirklich alles verarbeitet wurde. Abends gab es dann noch einmal das gleiche, ich bin satt geworden, aber mehr auch nicht. Die Schülerinnen haben nur Bohnen und Reis bekommen.

Es gab nach dem Mittagessen entweder noch einmal Unterricht (80 Minuten/Stunde). Oder aber, es war allgemeines Saubermachen oder, jeden Dienstag und Donnerstag, Feldarbeit für die Schülerinnen angesagt. Nach dem Abendessen gingen die Schülerinnen wieder in die Klassenräume um zu Lernen.

Modernisierungsversuche des Unterrichts

Grundsätzlich herrschte zwischen Lehrern und Schülerinnen eher ein militärischer Ton in der Schule. Es gab jeden Morgen einen Morgenappell auf dem Schulhof. Diese bestand aus Hinknien im Sand oder auch aus Stockschlägen, jedoch passierte das nicht vor meinen Augen, da sie wussten, dass ich diese Art der Bestrafung nicht gut heißen würde. Ich hoffe, dass das Schlagen auch bald verboten wird, wie es schon seit vielen Jahren in Deutschland verboten ist. Respekt bekommt man nicht durch Schlagen, sondern durch vorbildliches faires Verhalten den Schülern gegenüber, war meine "message" den Lehrern gegenüber.

Die Kollegen in der Schule waren sehr nett und hilfsbereit. Es gab jedoch keinen konkreten Einsatzplan für mich. In meiner ersten Woche waren Ferien und nur wenige Kollegen und Schülerinnen da. Nur die Abschlussklasse hatte Computerunterricht, 70 Schülerinnen an 3 PCs. Ich habe mich oft mit ihnen unterhalten und ihnen beim Computerunterricht geholfen. Ich zeigte ihnen auch meine vorbereitete Präsentation über Deutschland, unser Schulsystem, meine Schule, meine Schüler und der deutschen Kultur gezeigt.

Das Musikvideo von Helene Fischer und die Fotos meiner Schüler fanden sie besonders spannend. Dann kam die zweite richtige Schulwoche und mir sagte niemand, was ich genau machen soll, also fragte ich nach und sollte spontan "commerce" und "bookkeeping" unterrichten, was ich nach einem kurzen Blick ins Buch auch gemacht habe. Auf Grund meiner langjährigen Erfahrung aus Deutschland war das Unterrichten kein Problem und hat sehr viel Spaß gemacht.

Jedoch gab es eine Sprachbarriere. Englisch ist zwar die Unterrichtssprache in allen Fächern, jedoch lernen die Schüler erst in der Sekundarstufe Englisch. In der zuvor besuchten Grundschule, die sieben Jahre dauert, lernen sie erst einmal Suaheli, die offizielle Sprache in Tansania. Das Englisch, was die Schülerinnen und auch die Lehrer sprechen, ist geprägt von einem sehr starken afrikanischen Akzent, so dass ich sie schwer verstehen konnte und sie mich ebenso schwer. Ich merkte schnell, dass die Schülerinnen fleißig auswendig lernten, das Verständnis aber fehlte.

Der Unterricht war schnell vorbereitet, da nur die Lehrer das Buch hatten. Alles was an die Tafel geschrieben wurde, haben die Schülerinnen, lieb wie sie waren, fein abgeschrieben. Ich versuchte Bewegung durch Kartenabfrage in den Klassenraum zu bringen. Ebenfalls erarbeitete ich mit einer Klasse ein Marketingprojekt für die Ausstellung der Abschlussfeier.

Jedoch ist das Unterrichten von Wirtschaft in einem Entwicklungsland ganz anders, da ganz viel nicht vorausgesetzt werden kann. Z.B. Was ist Werbung? Kennen sie überhaupt Fernsehwerbung? Aber das Marketingprojekt mit den Postern war zur Graduation Ende September rechtzeitig fertig. Die Schülerinnen waren sehr stolz auf sich, als sie die Poster den Gästen präsentierten. Jedoch fehlte oft immer noch das Verständnis. Dies zeigte sich in einem anschließenden Test, den ich im Anschluss schreiben ließ.

Fazit: Nur so ist es möglich, ein Entwicklungsland kennenzulernen

Insgesamt war diese Zeit von 8 Wochen sehr erfahrungsreich für mich, aber auch nicht immer leicht, da ich oft einsam war. Ich habe auch den Austausch mit anderen Freiwilligen vermisst, aber es war leider kein "muzungu" (Weißer) weit und breit und das machte auch einsam. Weiterhin war die Lage bezüglich Transport und Einkaufsmöglichkeiten ein Problem. Das Unterrichten in der Schule in Tansania hat sehr viel Spaß gemacht trotz der Sprachschwierigkeiten. Die Kollegen waren sehr nett, denn auch für die ist das Leben dort nicht leicht.

Das Haus in dem ich lebte, war aber soweit ok und das Leben mit Edina und ihren beiden Jungs hat mir viel Freude gemacht. Nur so lernt man das wahre Leben in einem Entwicklungsland kennen. Anschließend habe ich eine 10-tägige Safari beziehungsweise eine Sansibar Camping Tour in einer Gruppe gemacht, von Arusha in die Serengeti, Ngorogoro Krater, Sansibar, Dar, was natürlich auch total viel Spaß gemacht hat, aber als Tourist lernt man so das wahre Tansania nicht kennen.

Erfahrungsbericht von einer Mädchenschule in Tansania von Birgit, 06.11.2015

Portrait Birgit
Autor
Birgit

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