01.08.2020 / Erfahrungsberichte

Psychologie Praktikum in Tansania Erfahrungsbericht

Besonders schön ist es die Dankbarkeit der Leute zu erleben, die beispielsweise seit Jahren an Epilepsie leiden, und denen nun ein Leben ohne ständige Anfälle in Aussicht gestellt wird. Da kann es schon mal vorkommen, dass sie beim nächsten Besuch fünf Oktopusse als Dankesgeschenk mitbringen.

Anjas Zeit in Tansania

Das Krankenhaus in Mtwara

Das Krankenhaus besteht aus zwölf Stationen und beherbergt ca. 150 Patienten. In der psychiatrischen Abteilung gibt es Platz für ca. 25 Patienten, meistens sind stationär jedoch 8-12 Patienten da. Des Weiteren gibt es auch eine "geschlossene Abteilung" für Patienten, die mit akuten Psychosen eingeliefert werden. Neben den stationären Patienten werden außerdem zahlreiche ambulante Klienten betreut, die in der Regel alle vier Wochen aus teilweise weit entfernten Dörfern kommen, um ihre Medikamente abzuholen. Psychotherapie findet allerdings keine statt, behandelt wird ausschließlich durch Beratung und Medikamente.

Persönliche Einschätzung des Praktikums

Mir persönlich hat das Psychologie Praktikum in Tansania sehr gut gefallen, auch wenn es mehr in die medizinische als in die psychologische Richtung ging. Der Leiter ist auch kein Psychologe, sondern ein Arzt mit Weiterbildung in klinischer Psychologie. Außerdem wäre es für dieses psychologische Auslandspraktikum sehr von Vorteil, wenigstens ein wenig Swahili im Vorfeld im Rahmen eines Sprachkurses zu lernen, da die wenigsten Patienten Englisch verstehen und alles auf Swahili abläuft.

Krankheitsbilder

Die häufigsten Krankheiten auf die man hier trifft sind Psychosen, Schizophrenie, und Epilepsie. Des Weiteren kommen immer mal wieder Patienten mit Depression, Drogenmissbrauch, mentaler Einschränkung, o.ä.. Häufig vermischt sich allerdings auch die Psychiatrie mit anderen medizinischen Abteilungen, wenn beispielsweise eine Psychose aufgrund einer Malaria-Erkrankung auftritt, und somit eine Behandlung der Malaria notwendig ist.

Die Pflege der Patienten übernehmen in der Regel die Angehörigen, die meistens auch über Nacht bleiben. Sie kochen für die Patienten, kümmern sich um die regelmäßige Medikamenteneinnahme und sind auch in jedem Gespräch mit dem Arzt dabei. Oftmals, vor allem im Fall akuter Psychosen, stützt sich die Diagnose auf die Berichte der Angehörigen.

Behandlung der Patienten

Wenn man ein psychologisches Praktikum in Tansania in Betracht zieht, sollte man sich im Klaren darüber sein, dass es ziemlich wenig mit Psychologie in Deutschland gemeinsam hat. So wird beispielsweise alles mit Medikamenten behandelt und es herrscht wenig Bewusstsein über mentale Vorgänge. Viel mehr wird erwartet, dass es für jedes Problem ein Medikament gibt. Problemen, auf die das nicht zutrifft, wie zum Beispiel Drogenabhängigkeit, steht man hier ziemlich hilflos gegenüber.

Über die Krankheiten an sich erfahren die Patienten meist wenig. Das Einzige was vielen bewusst ist, ist, dass sie irgendeine Art mentaler Erkrankung haben. Unter Psychoedukation versteht man die Anweisung der Medikamenteneinnahme. Auch die Diagnostik unterscheidet sich stark von der deutschen Diagnostik. Hier gibt es weder Tests noch lange Gespräche. Meistens hat sich der Arzt nach ca. fünf Minuten ein Bild gemacht, verschreibt das Medikament, und der Patient kommt nach vier Wochen wieder, um sich die Tabletten für den nächsten Monat abzuholen.

Außerdem treten hier immer wieder Probleme auf, die man so in Deutschland vielleicht nicht unbedingt hätte. Beispielsweise kommt es immer wieder vor, dass Patienten nach Monaten einer erfolgreichen medikamentösen Behandlung diese eigenständig absetzen, um einen traditionellen Heiler aufzusuchen, oder auch erst nach einem jahrelangen Leiden unter der Krankheit auf die Idee kommen, in ein Krankenhaus zu gehen.

Des Weiteren ist die Auswahl der Medikamente sehr begrenzt. Es gibt ein Antidepressivum, zwei Antipsychotika, usw. Das heißt, springt ein Patient auf eine Behandlung nicht an, oder treten starke Nebenwirkungen auf, sind die Möglichkeiten stark begrenzt. Auch kann es passieren, dass ein Medikament vorübergehend nicht verfügbar ist, dann wird für den folgenden Monaten einfach das Medikament geändert.

Helfende Hände gesucht

Da im Grunde ein einziger Arzt für ca. 250 ambulante Patienten zuständig ist, kann man nicht erwarten, allzuviel über die einzelnen Patienten zu erfahren. Die Nachsorgebehandlung findet immer mittwochs statt, da kommen also ca. 60-70 Patienten, um ihre Medikamente für den nächsten Monat abzuholen. Dementsprechend beschränkt sich das Gespräch darauf, zu fragen, ob es irgendwelche Komplikationen gibt.

Manchmal erhält er allerdings auch Unterstützung von Auszubildenden, die dann ebenso Medikamente ausgeben. Wenn man als Praktikant ein wenig Swahili spricht, wird auch von einem erwartet, diese Medikamentenausgabe eigenständig zu übernehmen, auch ohne ein Medizinstudium absolviert zu haben.

Allerdings ist es auch schön die Dankbarkeit der Leute zu erleben, die beispielsweise seit Jahren an Epilepsie leiden, und denen nun ein Leben ohne ständige Anfälle in Aussicht gestellt wird. Da kann es schon mal vorkommen, dass sie beim nächsten Besuch fünf Oktopusse als Dankesgeschenk mitbringen.

Freiwilligenprojekt im Mädchenzentrum

Neben meinem Psychologie Praktikum im Krankenhaus war ich nachmittags auch meistens noch in einem Zentrum für Mädchen, in dem ich mit den Kindern dort lesen geübt, oder Englisch gelernt habe. Auch dieser Einsatzort würde sich für einen Freilwilligendienst eignen. Unterstützt wird das Projekt von Terres des Hommes. Es sind dort jeden Tag um die 100 Mädchen im Alter von ca 8 bis 18. Die meisten von ihnen kommen aus sehr armen Familien und hatten nicht das Glück eine lange Schulbildung genießen zu dürfen.

In dem Zentrum wird ihnen die Möglichkeit gegeben, Nähen zu lernen, so dass sie später damit etwas Geld verdienen können, die Stoffe dafür werden aus Spenden finanziert. Es kommt aber auch jeden Tag ein Lehrer, der ihnen Lesen, Rechnen aber auch Grundwissen über verschiedene Bereiche vermittelt. Außerdem stellt es für die meisten der Mädchen einen guten Ort da, um auch einfach mal ein Kind sein zu dürfen, und mit anderen Kindern rumtoben oder Fußballspielen zu können.

Land und Leute

Mtwara an sich ist eine meiner Meinung nach wunderschöne Stadt, trifft aber vermutlich nicht jeden Geschmack. In den meisten Reiseführern Tansanias spielt sie neben den berühmten Touristenzielen wie Kilimanjaro, Sansibar, Serengeti und Ngorogorokrater, keine Rolle, was aber den eigentlichen Reiz erst ausmacht. Mtwara liegt ganz im Süden des Landes und die meisten der genannten Ziele sind von hier aus nur erreichbar, wenn man wirklich viel Zeit mitbringt. Auch Sehenswürdigkeiten gibt es hier praktisch keine, dafür kann man aber das typische tansanianische Leben erfahren. Es gibt wunderschöne Strände und auch einen großen Markt findet man hier.

Das Leben hier ist recht ruhig und gemächlich und nicht mit der Hektik der Großstadt Dar es Salaam zu vergleichen. Man kommt hier sehr gut und leicht in den Kontakt mit Einheimischen, aber auch Deutsche findet man immer wieder. Mtwara ist außerdem eine sehr schnell wachsende Stadt, was vor allem an den reichhaltigen Gasvorkommnissen liegt. Auch die größte Keramikfabrik in Ostafrika befindet sich hier in der Nähe. Das zieht immer mehr Investoren an, so dass sich die Stadt in den nächsten Jahren wohl stark ändern wird.

Fazit zu meinem Auslandspraktikum

Abschließend kann ich sagen, dass ich die Zeit hier genossen habe, auch wenn zwei Monate eine viel zu kurze Zeit ist. Ich bin ziemlich froh darüber, dass ich hier her gekommen bin, und hoffe, dass das nicht mein letzter Aufenthalt in Mtwara war.

Psychologie Praktikum in Tansania Erfahrungsbericht von Anja. P

Portrait Anja
Autor
Anja

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