01.09.2020 / Erfahrungsberichte

42 Wochen Ghana: Krankenhaus und Straßenkinderprojekt

Es war erstaunlich, wie liebevoll mich die Kinder jeden Morgen wieder aufs Neue begrüßten und ebenso, welche Liebe ich ihnen gegenüber spürte, obwohl sie mich keine 24 Stunden vorher noch zur Weißglut gebracht hatten. Die Zeit, die ich in diesem Projekt verbrachte, ist und bleibt unvergesslich.

Joyces Zeit in Ghana

Schon seit der Grundschule stand für mich fest, dass ich nach der Schule auf jeden Fall ein freiwilliges Jahr in Afrika machen wollte. Wie genau dieses aussehen sollte war mir damals noch nicht klar, aber dennoch versuchte ich bereits damals, mein kleines Taschengeld für etwas ganz Großes zu sparen. Mit einer kleinen Spende seitens meiner Großeltern und ein paar Wochen Fabrikarbeit wurde mein Traum plötzlich wahr: Ich stieg in den Flieger nach Accra, um 42 Wochen dort zu verbringen!

Umgeben von Freunden – meine neue Unterkunft

Das Student House in Nungua sollte ab nun mein Zuhause für die nächsten zehn Monate werden und es fiel mir ein großer Stein vom Herzen, als ich am späten Abend im nur durch Taschenlampen beleuchteten Haus (aufgrund eines –nicht selten vorkommenden- Stromausfalls) auf die anderen Freiwilligen traf, die mich herzlich willkommen hießen.

Das Miteinander und das Nie-Alleine-Sein habe ich am Student House sehr zu schätzen gelernt, denn egal welches Problem man hat, es gab immer jemanden, der einem weiterhelfen konnte. Es gab nichts Schöneres als sich nach einem anstrengenden Arbeitstag über die neuen Erfahrungen auszutauschen und gemeinsam ein Spiel zu spielen, einen Film zu schauen oder etwas Anderes zu unternehmen.

Das Leben in einer neuen Stadt

Die City Tour, die immer in den ersten Tagen in Ghana stattfindet, ist wirklich aufregend, denn man bekommt einen ersten prägenden Eindruck von dem neuen Land. Freude, Erstaunen, Mitleid, Bewunderung – Alles mischt sich beim Anblick der Frauen, die schwere Töpfe auf ihren Köpfen tragen, beim Anblick des schönen Kunsthandwerks auf dem Art Market, beim Anblick auf das arme Fischerdorf in Jamestown, beim Anblick des chaotischen Straßenverkehrs…

Und obwohl ich zu Anfang befürchtete mich in dieser großen, chaotischen Stadt nie zurechtzufinden, hatte ich nach erstaunlich kurzer Zeit einen guten Überblick und wusste schnell, welches Trotro ich nehmen musste, um an mein Ziel zu kommen.

Mein Projekt im Krankenhaus in Accra

Meine Arbeit im Krankenhaus gestaltete sich anders als ich es erwartet hatte. Ich möchte Hebamme werden und hatte mich daher für ein Praktikum als Hebamme angemeldet und wurde zu meiner Freude auch extra an eine Spezialklinik für Frauen und Familienplanung eingesetzt. Jedoch war dies eine Klinik, welche sich nur wenige Familien leisten konnten, weshalb es meistens nicht viel zu tun gab.

Eine große Umstellung, die Arbeitsmoral in Ghana

Hinzu kommt die ghanaische Arbeitsmoral, denn diese ist mit der deutschen nicht vergleichbar: Alles wird sehr gelassen angegangen, Hektik und Stress scheinen Fremdworte zu sein. Meistens sahen wir die Hälfte der Schwestern in einer Ecke an ihrem Handy sitzend und auch uns wurde immer ein Stuhl angeboten mit dem freundlichen Wort „Relax!“.

Ich wollte doch so gerne etwas tun, nervte die Schwestern und Hebammen mit meiner ständigen Nachfrage, ob es nicht noch irgendetwas zu tun gäbe, doch aufgrund der wenigen Patienten und der zu Beginn befremdlichen Arbeitsmoral, wurde ich meistens wieder zurück auf meinen Stuhl gebeten, um dort weiter zu verweilen, bis etwas geschah oder ich nach Hause gehen durfte.

Eine tolle Gelegenheit – ein öffentliches Krankenhaus

Zu meinem großen Glück eröffnete sich mir eine neue Chance: Über irgendwelche Beziehungen und besonderen Umständen, durfte ich gemeinsam mit einer anderen Freiwilligen für einen Monat in einem Krankenhaus in der Nähe von Kumasi arbeiten. Obwohl es auch hier ein paar Tage dauerte, bis man sich an dem neuen Arbeitsplatz eingelebt und eingearbeitet hatte, wurde die Zeit zu einer unvergesslichen Zeit, voller neuer Erfahrungen.

Natürlich begleitete ich die Hebammen bei ihrer Arbeit, aber um einen Überblick über alle Stationen der Klinik zu bekommen, wechselten wir wöchentlich unsere Stationen. Das war eine super Möglichkeit, um viele unterschiedliche Aufgaben kennenzulernen und meistens gut beschäftigt zu sein.

Und schon geht’s zum nächsten Projekt: Das Straßenkinder-Projekt

Nach einem Monat kam ich wieder zurück nach Accra und entschied mich dazu, mein Projekt zu wechseln, um meine restlichen sieben Monate in dem Straßenkinderprojekt zu verbringen. Der Projektwechsel war wirklich unkompliziert, kostete zwar 50€, die es mir aber in jedem Fall wert waren. Schon an meinem ersten Arbeitstag im neuen Projekt kamen die Kinder auf mich zugerannt und fielen mir in die Arme, als würden wir uns schon seit Jahren kennen.

Jeden Tag sangen wir gemeinsam Lieder, machten ein bisschen Unterricht und spielten, tanzten oder bastelten. Das schönste dabei waren die strahlenden Kinderaugen. Auch wenn die meisten Spiele im Chaos endeten, waren dennoch alle Kinder begeistert dabei und wussten gar nicht wohin mit ihrer Euphorie und Freude.

Da wir Freiwillige auf die Erziehung mit dem Rohrstock verzichteten, wurde uns von den Kindern leider sehr wenig Respekt gezeigt, was nicht selten an meinen Nerven kratzte. Dennoch war es erstaunlich, wie liebevoll sie mich jeden Morgen wieder aufs Neue begrüßten und ebenso, welche Liebe ich den Kindern gegenüber spürte, obwohl sie mich keine 24 Stunden vorher noch zur Weißglut gebracht hatten. Die Zeit, die ich in diesem Projekt verbrachte, ist und bleibt unvergesslich.

Sehen wir uns wieder?

So viele Stunden habe ich mit den Kindern, die voller Energie stecken, verbracht und dementsprechend schwer war der Abschied. „Tschüss“ zu sagen und nicht zu wissen, was aus den Kindern später wird, nicht zu wissen, ob man sie irgendwann mal wieder sieht.

Mein persönliches Fazit

Für 42 Wochen nach Ghana zu gehen war die beste Entscheidung. Ich möchte keinen einzigen Tag missen und werde mein Leben lang an diese kostbare Zeit zurückdenken!

Ein Erfahrungsbericht von Joyce M., die von August 2016 bis Juni 2017 in zwei Krankenhäusern sowie dem Straßenkinderprojekt in Ghana mitgeholfen hat.

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Joyce

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